Jean Faure und die toten Blätter

Auf dieser CD wird vor und nach jeder Nummer wie wild applaudiert, manchmal auch gejohlt, getrampelt, gepfiffen, als ginge es nicht um ein Debüt, sondern um ein lang herbeigesehntes Comeback. Und diese Musiksorte hat ja nun, ehrlich gesagt, auch schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel. Tatsächlich aber tritt Jean Faure, Synchronsprecher, Schauspieler und einem Spezialpublikum in Bonn längst bekannt als der trockene kleine "Vereinsfranzose" des 1. FKK (Erster Freier Kritischer Karnevalsverein), hier zum ersten Mal solo auf im Bönnschen Pantheon. Faure singt klassische französische Chansons, wie "La Foule", "La Mer", "Nathalie", "Göttingen", "Et Maintenant", "Le Poinçonneur Des Lilas" oder "Feuilles Mortes". Er singt mit mehr Stimme als Brel, hat mehr Witz als Bécaud, weniger Schmalz als Aznavour, trifft seine Töne auf jeden Fall sicherer als Serge Gainsbourg, und er kokettiert hinreißend mit den genremäßigen Testosteron-Klischees, wenn er sich, zum Beispiel, in "Ne Me Quitte Pas" gleich den ersten Ton eine Oktave tiefer abholt. Keine Verarschung, eher eine Verschärfung. Überhaupt steckt bei Faure mehr Musik zwischen Wort und Ton als beim Chanson sonst üblich - und Musik schadet ja nichts, sie hilft eher. Großartig die Band, die für einen breiten Fächer an Farben sorgt: Debussy mit Möwengekreisch! Die Grenze zwischen Parodie und Pathos wird hauchdünn, es ziept im Herzen.

Eleonore Büning   (FAZ Sonntagszeitung vom 28.11.2009)

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