DIE FERIEN DES MONSIEUR FAURE

 Von Ulrike Strauch

 Hand aufs Herz: Gibt es eigentlich irgendjemanden, der bei Charles Trenets 1946 aufgenommenen Chanson „La Mer“ in Gedanken nicht direkt die Koffer packt? Die Balance zwischen gepflegter Wehmut und der Leichtigkeit des Seins klingt aus der sonoren Stimme. Und eine solche hat Jean Faure (ebenfalls Jahrgang 1946) aus dem südfranzösischen Gap, der seit 50 Jahren in Bonn lebt und jetzt mit seinem „Orchestre“ und dem Programm „Les Grandes Vacances“ im Pantheon auf die Urlaubszeit eingestimmt hat. 

Eigentlich – so suggeriert eingangs seine Oberkassel-Rumba  (K. Krömer /P. Lavil) – müsste man als Bonner ja gar nicht unbedingt auf Reisen gehen. Ein Glas Rotwein und dazu etwas Käse am Strand von Oberkassel tun es durchaus auch. Zumal sich Hedayet Djeddikar (Klavier, Keyboards), Dirk Ferdinand (Schlagzeug),  Matthias Höhn (Saxofon, Bassklarinette, Concertina, Charango), Kristaps Grasis (Gitarren, Mandoline, Ukulele) sowie Markus Quabeck (Kontrabass, E-Bass) und Faure selbst mit Hut, Shorts und bunten Hemden ferientechnisch in Schale geworfen haben.

Auf zum Kilimandscharo

 „Da so ein Tapetenwechsel aber dazu gut ist, über den Tellerrand hinauszuschauen“, führt die Setlist dieses rund zweistündigen, rundum stimmigen Konzerts nach Paris: heiß und leer im August und bei Regen unwiderstehlich. Von das aus geht’s auf die “Nationale 7“ (Trenet) und nach Toulouse, Claude Nougaros liebevoll-ironisch besungener Heimatstadt.

Faure und sein Orchestre zieht es aber noch weiter fort. Nach Venezuela, wo „El Currucha“ ein Volkslied ist, und an den Kilimandscharo (Pascal Danel). Trenets „Le soleil et la lune‘“ und George Brassens‘ „Le vent“ führen durch die französische Sommerfrische bis zum wunderbaren „Travailler c’est trop dur‘“ (Zachary Richard) mit dem Cajun Groove, wie er in New Orleans gespielt wird. Wo das ursprünglich herkommt? Aus demselben Land wie Faure.

General Anzeiger 9.7.2019

 

Premiere "Amour" Immer wieder die Liebe

Jean Faure & Orchestre im Pantheon

 Von Ulrike Strauch

Lieben kann man eine ganze Menge, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Und den Franzosen sagt man nach, dafür einen besonderen Sinn zu besitzen. Insofern also keine allzu große Überraschung, dass Jean Faure & Orchestre das neue Programm, das jetzt im gut besuchten Pantheon Prermiere feierte, schlicht und einfach „Amour“ genannt haben.

Nun, so schlichjt und einfach auch wieder nicht: Denn die 24 Titel reichen weit über das hinaus, was das deutsche „Gehör“ gemeinhin unter dem Begriff Chanson verstanden wissen will. Irgendetwas schwermütiges von Jacques Brel? Aber der war Belgier. So viel dazu. Doch keine Sorge: Natürlich kommt kein Programm dieser Art jemals an ihm vorbei. Das weiß Faure ebenso gut wie Hedayet Djeddikar (Klavier, Keyboards), Dirk Ferdinand (Schlagzeug), Matthias Höhn (Saxofon, Bassklarinette, Concertina, Charango), Kristaps Grasis (Gitarren, Mandoline, Ukulele) und Markus Quabeck (Kontrabaß, E-Baß). Und natürlich klingt ihrer aller Version von „Ne me quitte pas“ leidenschaftlich, berührend, wunderbar.

Aber vor allem ist dieser Abend eine launige Hommage an das Genre schlechthin. An die kleinen Nichtigkeiten („Ces petits riens“) zum Beispiel, die Serge Gainsbourg besungen hat; an Préverts „Feuilles mortes“ (Die toten Blätter) aus dem Jahr 1945, die Hymne der Nachkriegszeit in Frankreich. Oder auch an den Mann, der unter dem Balkon seiner Frau Marie-Christine („Je suis sous“) sturzbetrunken Besserung gelobt.

Andere dagegen wissen vielleicht nicht, ob das, was sie haben, noch Freundschaft ist oder schon Liebe („Amour, amitié“). Wie so etwas im Mittelalter klang, zeigt ein burgundischer Springtanz anno 1530. Und wenn dieser Abend schon lange aus ist, wird der Verehrer von Brels Madeleine noch immer mit einem Blumenstrauß im Regen stehen und warten. Allein, aber nicht hoffnungslos.

 General Anzeiger 23.05.2018

 

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